Sicam-Rückblick (Teil 2): Trends und Neuheiten
Traditionell ist die Sicam keine Neuheiten-Plattform, sondern eher eine Netzwerk- und Arbeitsmesse. Durch die nahezu vollständige Präsenz der Möbelzulieferbranche ließen sich aber viele Trends beobachten und Produkte vergleichen. Besonders spannend war die Frage, was sich seit der Weltleitmesse Interzum im Mai getan hat bzw. welche Entwicklungen sich verstärkt oder abgeschwächt haben. Und die eine oder andere kleinere Neuheit hatten die Aussteller dann doch im Messe-Gepäck.
Ruhige Holz-Dekore gewinnen weiter an Bedeutung. Diese Tendenz war bereits im vergangenen Jahr zu erkennen, doch bisher konnten sich die dezenten Dekor-Varianten – mit Ausnahme der Küchenmöbelindustrie – noch nicht großflächig im Markt durchsetzen. Dies liegt nach Einschätzung von Branchenexperten vor allem an zwei Dingen. Erstens: Bei vielen Endkonsumenten stehen rustikale Dekore für Authentizität und Gemütlichkeit, was während des Corona-Lockdowns sehr gefragt war. Der Krieg in der Ukraine, die Energiekrise und die Inflation haben den für die Post-Pandemie-Zeit erwarteten Übergang zum eleganteren Einrichten verzögert. Zweitens: Das Rustikale ist immer noch präsent, weil es sehr „Internet-tauglich“ ist und im Online-Handel seine Stärken ausspielt. Deshalb hatten viele Oberflächenanbieter auf der Sicam beides im Gepäck: kernige Dekore mit markanten Ästen und Blumen sowie zurückhaltende, oft streifige Designs mit feinen Maserungen.
Eine weitere Erkenntnis aus Pordenone: Der Anteil an Unis nimmt stetig zu. Gedeckte Farben wie Grün, Blau oder Terracotta schaffen eine gemütliche Wohn-Atmosphäre. Auf der Sicam waren nun auch öfter pastellige Lila- und Rosa-Töne zu sehen. Zudem durften Rillen-, Stäbchen- oder Lamellen-Optiken bei keinem Oberflächenanbieter fehlen, wobei die Meinungen zum Potenzial dieses Trends auseinandergehen. Das Maß aller Dinge bleiben supermatte Oberflächen. Nachdem bereits auf dem Salone in Mailand mehr Hochglanz als in den Vorjahren gezeigt wurde, präsentierte mit Schattdecor zur Sicam nun auch ein Dekordrucker wieder ein Hochglanz-Dekor. Ob es wirklich ein Comeback der hochglänzenden Oberflächen geben wird, steht allerdings in den Sternen. „Wenn, dann frühestens in drei Jahren“, so die Meinung eines Experten.
Die Elektrifizierung des Möbels war auf der Interzum ein großes Thema. Nun brachten die Beschläge- und Licht-Anbieter ihre Lösungen mit nach Italien. Dabei zeigte mit Domusline ausgerechnet ein Leuchtenspezialist, dass es auch ohne Strom geht. Licht, das sich per Druckenergie ein- und ausschalten lässt – sicherlich eine der spannendsten Innovationen der Sicam. Dort, wo Strom gefragt ist, schreitet die Miniaturisierung voran. Lichtbänder werden zum Beispiel immer flacher. Darüber hinaus nimmt das Thema Sprachsteuerung Fahrt auf. Beschränkten sich bisherige Ideen vor allem auf Abfalltrennsysteme, stellte Häfele jetzt als Studie einen Klappenbeschlag vor, der sich per „Voice Control“ öffnen lässt. Im Idealfall soll das ausgereifte Produkt zur Eurocucina 2024 bei einem Möbelhersteller Premiere feiern.
Der Mega-Trend Nachhaltigkeit beschäftigt nicht nur die Hersteller von Funktionsbeschlägen, sondern auch die Zierbeschlag- und Zubehör-Branche. So präsentierte Schwinn Möbelgriffe aus Bio-Polymer sowie mit Gras gefüllte Recycling-Kunststoffe. Auch Besteckeinsätze aus umweltfreundlichen Materialien standen auf der Sicam hoch im Kurs. Darüber hinaus demonstrierten diverse Anbieter erweiterte Möglichkeiten für die werkzeuglose Montage von Beschlägen. Und: Innenblenden werden immer öfter so gestaltet, dass sie auch im sichtbaren Bereich zum Einsatz kommen können.
Mehr über die Trends und Neuheiten der Sicam lesen Sie in der HK-Ausgabe 6/23, die Anfang Dezember erscheint.
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