Die Haptik ist einfach ein Muss
Die Gesellschaft wird immer digitaler. Dekortrends verbreiten sich in Sekundenschnelle rund um den Globus. Gibt es noch regional unterschiedliche Entwicklungen, oder hat die Online-Welt alles vereinheitlicht? Welche Trends bahnen sich 2025 an? Kaum einer kann das besser beurteilen als Klaus Monhoff. Die HK traf sich mit dem Leiter Dekor- und Designmanagement von Egger zum Gespräch in Brilon. Das vollständige Interview erscheint in der Ausgabe 6/24 am 6. Dezember. Auszüge daraus können Sie schon jetzt online lesen.
Herr Monhoff, welche Veränderungen bei der Dekor-Entwicklung und Trend-Analyse beobachten Sie mit Ihrer langjährigen Erfahrung über die vergangenen zehn bis 15 Jahre?
Wir betreiben in Verbindung mit unserer Dekor-Entwicklung eine intensive Trend-Recherche über das soziokulturelle Verhalten der Verbraucher, um daraus Erkenntnisse darüber zu gewinnen, welchen Einfluss dies auf das Thema Wohnen/Interieur hat. Darüber haben wir anfangs nie berichtet, bis unsere osteuropäischen Vertriebsleute gesagt haben: Ihr müsst erklären, woher ihr das alles wisst. Zunächst haben wir das nur in Osteuropa vorgestellt, bis wir festgestellt haben, dass die Experten in Westeuropa unsere Aufbereitung genauso interessiert. Allerdings waren die Präsentationen früher einfacher zu erstellen. Während sich die Mode-Industrie im Halb-jahres-Rhythmus oder schneller entwickelt, war es in der Möbelindustrie immer eher eine kontinuierliche Evolution. Das hat sich mit den sozialen Medien definitiv verändert.
Durch die Digitalisierung verbreiten sich Dekor-Trends in Windeseile um den Globus. Gibt es überhaupt noch regional unterschiedliche Trends? Oder hat die Online-Welt in den vergangenen Jahren alles vereinheitlicht?
Ich würde gar nicht sagen, dass es die Corona-Zeit war, die den massiven Veränderungsdruck gebracht hat. Vielmehr waren es in den letzten fünf Jahren die sozialen Netzwerke, die großen Einfluss hatten, weil durch sie eine völlig andere Kommunikation über Produkte stattfindet. Themen, die heute noch Gültigkeit haben, werden morgen in Frage gestellt oder durch andere überholt – gerade bei der jüngeren Bevölkerung. Natürlich wird auch sie älter und dadurch der Einfluss der sozialen Medien auf uns alle massiver. Deshalb ist die Trend-Forschung und -Vorhersage schwieriger geworden. Wenn wir mit dem Zukunftsinstitut und -forschern wie Matthias Horx sprechen, tun sogar die sich mittlerweile schwer damit. So haben wir vor sieben, acht Jahren das Thema Achtsamkeit ausgerufen, das unserer Meinung nach das Verhalten der Menschen nachhaltig prägte. Und wir hatten recht damit. Das waren Strömungen, die man heute fast nicht mehr sieht, weil die sozialen Medien auf der einen Seite spontan für neue Trends sorgen, auf der anderen Seite aber auch laufende Trends stoppen.
Also wird alles kurzlebiger?
Ja, eindeutig. Sprach man früher von sogenannten Megatrends, wird es diese künftig immer weniger geben. So ein Megatrend hat mindestens zwölf bis 15 Jahre Gültigkeit. Davon gibt es nur noch zwei oder drei. Weiß und Schwarz sind wirkliche Megatrends, weil sie in Bezug auf Hölzer großen Einfluss haben. Weiß wurde schon 2006 zum Megatrend. Um 2018/2019 herum ist dann Schwarz zurückgekehrt. In den zwölf Jahren dazwischen hat Weiß viel beeinflusst – ob es nun die Hölzer waren oder die Uni-Farben. Und jetzt ist es mit Schwarz das Gleiche: Diesen Einfluss auf Holz-Dekore und Uni-Farben sehen wir seit sechs Jahren intensiv, inzwischen vielleicht ein wenig abgeschwächt.
Ist es überhaupt noch möglich, das Besondere zu probieren?
Diese Frage ist berechtigt. Dass man nicht so viele Besonderheiten, Nischen und Sonderthemen spielen kann, ist eine Challenge, weil es trotz allem den Bedarf gibt, Spezielles neben oder aus dem Mainstream heraus zu entwickeln. Natürlich haben wir uns bei Egger auf die Fahnen geschrieben, für den innovativen Mainstream zu stehen. Und hier stellt sich die Frage: Wie kann Mainstream gleichzeitig innovativ sein? Zweifellos brauchen wir Produkte, die große Mengen am Markt platzieren, die ganz früh, quasi als erste am Markt sind und damit bestimmte Felder besetzen. Im Dekor-Bereich ist der Fast-Follower derjenige, der deutlich leerer ausgeht.
Kann Sie noch etwas überraschen?
Ja, das passiert. Ich kann nicht jeden Trend erkennen – ein Hellseher bin ich bei Weitem nicht. Beispielsweise kommt es vor, dass man Themen in der Bedeutung nicht so hoch einschätzt. Wie Textil-Dekore, die sich vor 15 Jahren zunächst verstärkt in Italien durchgesetzt haben. Ich hätte damals nie gedacht, dass die über einen so langen Zeitraum in der Bandbreite benötigt werden. Überrascht haben mich sowohl die Haltbarkeitszeit als auch die Bedeutung insgesamt. So entstehen einige Trends, die man nicht so im Fokus hatte.
Was sind im Moment die wichtigsten Entwicklungen bei der dekorativen Oberfläche von Holzwerkstoffen?
Ich bewerte das auf Basis der erfolgreicheren Jahre, in denen Kunden bereit waren, mehr für die hochwertige Inneneinrichtung auszugeben. In dieser Zeit haben wir mit Produkten aus dem Bereich der „Perfect Sense“-Lackplatten und höherwertigen Synchronporen sehr gut gelegen. Aktuell ist die umgekehrte Situation eingetreten. Die Märkte haben sich stark beruhigt, wodurch eine Orientierung hin zu preisbewussten Käufen entsteht. Während in der Corona-Zeit viel fürs Thema Wohnen ausgegeben wurde, erleben wir jetzt, dass die Ausgabe-Bereitschaft eher für jegliche Art emotionalen Erlebens besteht. Da müssen wir uns dem Verbraucher-Bedarf stellen, auch wenn die Qualität hinsichtlich der Gebrauchseigenschaften nicht schlechter werden darf
Seit einiger Zeit sind rustikale Dekore auf dem Rückzug. Werden sich die dezenteren Dekor-Varianten weiter durchsetzen – auch abseits der Küchenmöbelindustrie?
Wir hatten mit den rustikalen Dekoren, unserer „Halifax“-Eiche mit dem markanten Riss Erfolg. Und das nicht nur in der Möbelindustrie, sondern allgemein im Innenausbau. Wenn ich heute in Restaurants komme, sieht man dieses Dekor überall. Hintergrund war das Bedürfnis nach viel Natur, nach natürlichen Ausführungen, auch in der Kombination mit dem Thema Schwarz. Die „Halifax“-Eiche haben wir 2016 in den Markt gebracht. Seit zwei Jahren erleben wir, dass das Thema ruhigerer Dekore wieder zunimmt. Allerdings zeigen die Designs, wie wir an der Entwicklung der „Casella“-Eiche sehen, durchaus noch eine gewisse markante Maserung. Das war wichtig, weil wir versucht haben, den Charakter von Furnier zu erreichen. Wenn plötzlich eine Veränderung von Rustikal hin zu ruhigeren Dekoren eintritt, ist es wichtig, dass sich die Oberfläche weiterhin tief anfühlt, eine schöne Haptik hat, obgleich der Trend zu Matt gegeben ist. Weil uns das im Zusammenspiel gut gelungen ist, haben wir mit der „Casella“-Eiche aktuell sehr guten Erfolg. Wir machen den Erfolg auch daran fest, dass das Dekor bereits in allen Anwendungsbereichen platziert ist. Ob Küchenmöbelhersteller das Dekor nutzen, ob es die Bad-, die Büro- und jetzt die Wohnmöbelindustrie ist: Es ist überall vorhanden, zum Teil auch in etwas unterschiedlichen Farben. Das bestätigt, dass die ruhigeren, eleganteren Dekore und Hölzer auf dem Vormarsch sind.
Das vollständige Interview lesen Sie in der HK 6/24
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