Generation Z zwischen Mythos und Realität

Kaum eine Generation bereitet Unternehmen so viel Kopfzerbrechen wie die Gen Z. Sie sei faul und fordernd, wolle wenig arbeiten, aber jede Menge Freiheiten, so die gängigen Vorurteile. Doch stimmen diese überhaupt? Bieten junge Menschen nicht auch ein großes Potenzial? Die HK wollte es in Bezug auf die Branche genauer wissen und hat deshalb zusammen mit Lignum Consulting den Expertengipfel „Möbel-Generation Z – Wie ticken die Digital Natives?“ veranstaltet. Hochkarätige Teilnehmer aus der Möbel- und Zulieferindustrie führten eine spannende, teilweise kontroverse Diskussion.

Bereits zum sechsten Mal fand der HK-Expertengipfel in den Räumlichkeiten von Lignum Consulting in Kupferzell statt (Text: Markus Schmalz, Julia Gottschick/Fotos: HK)

Wie erreicht die Branche junge Zielgruppen?

Dirk Fischer (König+Neurath): Wir stellen fest, dass jüngeren Zielgruppen über die klassischen Kanäle nicht mehr erreicht werden können. Um die Generation Z anzusprechen, ist Präsenz in sozialen Medien und die Zusammenarbeit mit Influencern entscheidend. König + Neurath macht gerade erste Schritte in diese Richtung. Die Resonanz ist sehr positiv. Auch wenn in der Büromöbelbranche dieser Ansatz noch relativ neu ist, gilt es, dieses Feld für die Zukunft zu besetzen. Ich denke, dass sich diese Anstrengungen in drei bis fünf Jahren auszahlen werden.

Dirk Fischer, König+Neurath

Marcel Hinger (Lignum Consulting): Wenn wir mit Kunden von Lignum Consulting sprechen, fragen wir immer: Macht ihr auch etwas mit Influencern? Zumindest bei den Küchenmöbelherstellern bin ich aktuell überrascht, was sich bei diesem Thema schon alles tut. Oft müssen wir als Berater gar keine Vorschläge mehr machen, weil viele Unternehmen den Trend bereits erkannt haben. Wobei ich mich teilweise frage, ob die Potenziale auch immer zielgruppengerecht genutzt werden. Denn Influencer haben zu Küchen-, Wohn- oder Büromöbeln oft gar keinen Bezug.

Marcel Hinger (rechts) und Dieter Rezbach, beide Lignum Consulting

Rudolf Eikenkötter (Rietberger Möbelwerke): Unser Unternehmen bedient den hochwertigen Bereich der Wohnmöbel, die Haupt-Käuferschicht ist etwa 40 bis 65 Jahre alt. Deshalb haben wir bisher noch nicht mit Influencern zusammengearbeitet. Das hat aber auch etwas damit zu tun, dass wir eine B2B-Marke sind und der Endkunden-Kontakt für uns keine Priorität hat. Allerdings setzen wir seit zwei bis drei Jahren verstärkt auf Instagram – sowohl im Marketing als auch bei Produkt- und Karriere-Themen. Zudem wird auch Pinterest für uns ein Thema.

Rudolf Eikenkötter, Rietberger Möbelwerke

Ralf Imbery (Continental): Als Zulieferer der Möbelindustrie sind wir ebenfalls im B2B-Bereich unterwegs. Continental bedient aber auch B2C-Segmente, beispielsweise mit einer smarten Einlegesohle für Golfspieler. Bei Endkunden wird man ohne Influencer in Zukunft keinen Erfolg mehr haben. Die Generation Z geht nicht mehr in den Baumarkt, nicht mehr ins Möbelhaus, oft nicht mal mehr zu Ikea. Die Jungen sind nur noch im Internet unterwegs. Facebook ist da kein Thema mehr, Instagram stark rückläufig. Die junge Zielgruppe bewegt sich hauptsächlich auf TikTok und YouTube. Hier wird sich in Zukunft entscheiden, was gekauft wird.

Ralf Imbery, Continental

Hannes Bäuerle (Raumprobe): Wir haben bei uns im Unternehmen sehr viele Führungen, dabei kommen auch die Nachwuchskräfte von Hochschulen zu uns. Ich bin immer wieder überrascht, wie stark die Begeisterung und Wissbegier der jungen Leute für Materialien ist. Das führt mich zur Frage des Storytellings: Wie baue ich eine clevere Kommunikation auf? Denn der beste Influencer bringt mir nichts, wenn ich keine guten Geschichten zu erzählen habe. Oft muss man wirklich bei den Basics anfangen: Was verbirgt sich zum Beispiel hinter veganem Leder? Selbst im Bereich Nachhaltigkeit ist fundiertes Wissen oft nicht vorhanden. Deshalb sehe ich den Handlungsbedarf nicht nur im Digitalen, sondern auch in der realen Welt.

Hannes Bäuerle, Raumprobe

Prof. Andreas Betz (Technische Hochschule Rosenheim): Ich habe bei uns an der Technischen Hochschule Rosenheim mal die Studierenden gefragt: Wie sieht für euch ein gutes Möbel aus? Viele haben geantwortet, dass die Materialien des Möbels echt, nachhaltig und unbedenklich sein müssen. Die Schwierigkeit ist, dass das Material diese Geschichte auch erzählen muss. Denn welcher junge Endverbraucher weiß schon, dass man zum Beispiel Pappe oder manche Kunststoffe recyceln kann? Oder angenommen, ein Unternehmen produziert melaminbeschichtete Möbel aus 100 Prozent nachhaltigen Spänen. Das ist für den Kunden nicht erkennbar.

Barbara Busse (Future+You): Wir beobachten bei der Generation Z jetzt schon, dass sie mehr Geld ausgibt für nachhaltige Kleidung und Ernährung. Viele kaufen Bio oder vegane Alternativen, die durch die Bank immer noch teurer sind als Mainstream-Lebensmittel. Sie gehen also sehr bewusst mit ihrem kleinen Budget um. Man nennt das auch Frugalität: der Verzicht auf Dinge zugunsten einer anderen Sache. Entsprechend wird sich die Generation Z auch bei den nächsten Anschaffungsobjekten wie etwa Möbel verhalten. Ich war neulich bei einem großen Unternehmen, um Studienergebnisse vorzustellen. Am Ende des Termins habe ich zusätzlich eine Praktikantin aus der Generation Z mitgebracht und sie gefragt: Worauf würdest du beim Möbelkauf achten, wenn du genügend Geld zur Verfügung hättest? Sie hat sofort gesagt: Mir wäre das Thema Nachhaltigkeit sehr wichtig.

Barbara Busse, Future+You

Den vollständigen Expertengipfel lesen Sie in der HK 1/24.

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