„New Work Now“ als Erfolgskonzept

Ein gelungener Generationswechsel, ein neues Logistikzentrum und kontinuierliche Investitionen in den Maschinenpark: Bei der Assmann Büromöbel GmbH & Co. KG tut sich eine Menge. Zudem ist das Unternehmen sehr erfolgreich unterwegs und konnte im Jahr 2023 entgegen dem Branchentrend eine leichte Umsatzsteigerung erzielen. Grund genug für einen Besuch in Melle, bei dem die HK nicht nur die Firmenphilosophie und Strategie von Assmann kennenlernte, sondern auch einen Blick in eine der modernsten Möbelproduktionsstätten Europas werfen durfte.

Über metallische Hochwege nehmen Guido Hübner (links) und Andreas Fipp die Besucher mit auf eine Tour durch den Maschinenraum (Bericht/Fotos: Julia Gottschick).

Was es bei Assmann Neues gibt, sieht jeder Besucher sofort, wenn er aufs Betriebsgelände fährt. Rund 6,5 Millionen Euro hat der Büromöbelhersteller hier in ein 2.200 Quadratmeter großes Logistik- und Lagerzentrum investiert – die bislang größte Baumaßnahme am Meller Heimatstandort. „Die Halle wurde dafür konzipiert, die Handelsware unserer Solution-Partner wöchentlich aufzunehmen und einzulagern, um sie täglich so zu kommissionieren, dass die Teile zusammen mit unseren Möbeln in richtiger Reihenfolge zum Kunden kommen“, erläutert Andreas Fipp, Leiter Industrial Engineering bei Assmann.

Der große Vorteil für den Kunden sei, dass er die Ware aus einer Hand erhalte. Und zwar projektbezogen in genau der Abfolge, wie sie die Monteure vor Ort für die einzelnen Räume und Etagen benötigen. Eben dies zu leisten, darauf ist das neue Gebäude ausgerichtet, das Raum für 1.800 Europaletten-Stellplätze bietet. Ein gutes Jahr hat die Maßnahme in Anspruch genommen: So hatte Assmann im Januar 2023 begonnen, den alten Hallenbereich abzureißen. Inzwischen ist ein modernes Logistikzentrum entstanden.

Die Stabilität der Halle beruht auf 124 Pfählen, die bis in eine Tiefe von 22 Metern hinabreichen, sowie auf einer Sohlplatte für die 18 Meter hohe Stahlkonstruktion. Ein zuvor extern angemietetes Zwischenlager hat ausgedient, so Fipp. Besonders stolz ist er auf die Photovoltaik-Anlage mit einer Gesamtleistung von 660 KWp auf Dach und Fassadenflächen des Neubaus, die Strom für die Eigenversorgung des Unternehmens produziert. „Sie deckt elf Prozent des gesamten jährlichen Energieverbrauchs“, wie der Leiter Industrial Engineering berichtet. Ziel sei eine 50- bis 60-prozentige Autarkie in den nächsten Jahren, die durch Freiflächen-Anlagen und Windkraft erreicht werden könne. Überdies wurde ein Regenrückhaltebecken angelegt, wo ein Biotop entsteht.

Eine Investition in die Zukunft des Meller Standorts also, das sieht auch Dirk Aßmann so. „Neubau und Erweiterung unserer Lager- und Logistikflächen sind ein wichtiger Beitrag, um unsere Liefertreue zu erhöhen und Prozesse optimaler und produktiver zu gestalten“, ordnet der geschäftsführende Gesellschafter die Maßnahme ein. Das Hallengebäude biete ausreichend Platz für Lagerung und Kommissionierung. Ein Muss, weil das Produktportfolio von Assmann in den vergangenen Jahren um Lounge- und Sitzmöbel sowie Bürodrehstühle und Küchen ausgeweitet wurde. Letztere werden zwar nicht in Melle produziert, dafür aber als Komplett-Paket mit den vor Ort gefertigten Schreibtisch- und Stauraummöbeln ausgeliefert.

Das neue Logistikzentrum bietet Platz für 1.800 Europaletten-Stellplätze.

Das neue Hochregallager verfügt durch zusätzliche Bereitstellungsflächen über Raum für Sortierung und Handling der täglich gelieferten Handelsware. Mit dem erweiterten Versandbereich nahm auch die Zahl der Ausgangstore zur Lkw-Beladung zu. Zum Hintergrund: Assmann hat sich in den vergangenen Jahren vom Büromöbelhersteller hin zum Komplettanbieter für die ganzheitliche Ausstattung moderner Arbeitswelten entwickelt und bietet seinen Kunden individuelle Einrichtungslösungen aus einer Hand. Die Übernahme der verbliebenen 26 Prozent Firmenanteile an der Frem Group Screens Limited trug jüngst dazu bei: Unter dem Namen Spacemann agiert die Firma als eigenständiger Produktionsstandort in Großbritannien. Die ersten beiden Teilübernahmen waren in den Jahren 2018 und 2021 erfolgt. Spacemann produziert Raum-in-Raum-Systeme, Akustikwände und Soft-Seating-Möbel für den europäischen Markt.

Wo derlei inhaltliche Weichen für die Zukunft gestellt werden, ist eine rechtzeitige Nachfolge-Regelung wichtig. Entsprechend zufrieden ist das Familienunternehmen mit dem Einstieg von Karla Aßmann in die Geschäftsführung und dem damit vollzogenen Wechsel in die vierte Generation. „So bleibt das, was wir hier aufgebaut haben, weiter in Familien-Hand. Das freut uns sehr“, sagt Guido Hübner, Technischer Leiter bei Assmann. Die 29-Jährige sei in den vergangenen Jahren langsam an die Geschäftsleitung herangeführt worden. „Wir sind hier sehr familiär, die Familie Aßmann ist mit im Haus. Es funktioniert, es harmoniert – man kann mitgestalten und etwas bewegen.“

All das wurde am 8. Juni anlässlich des 85. Firmen-Jubiläums gefeiert. Begann die Unternehmens-Geschichte doch bereits 1939 mit einer kleinen Dorftischlerei. Inzwischen gibt es bei Assmann alles aus einer Hand. Von der Produktentwicklung und Fertigung über Beratung und Planung von Arbeitswelten bis hin zur termingerechten Auslieferung und Montage: Kunden werden mit umfassenden Dienstleistungen unterstützt. Das Fundament bilden eine konsequente Qualitäts- und Nachhaltigkeitsstrategie sowie eine der modernsten Möbelfertigungen Europas, wo der Slogan „Gute Arbeit“ Programm ist.

So hat sich Assmann auf die Montage von Büromöbeln spezialisiert, nicht auf die Herstellung der Einzelteile. Seit 1968 am Standort Melle, startete das Unternehmen im Jahr 2000 mit Just-in-time- bzw. Just-in-sequence-Anlieferungen, fertigte nach Prinzipien von Kaizen, KVP, 5S und beschäftigte sich mit dem Thema Losgröße 1. „Ähnlich, wie es der Automotive-Bereich macht“, kommentiert Guido Hübner. „Wir hatten immer einen Fahrplan, dem wir gefolgt sind, haben die Maschinen jährlich oder in Zwei-Jahres-Steps auf den aktuellsten Stand der Technik gebracht.“

Jüngst hat das Unternehmen auf eine Kommissionierung via „Pick by light“ umgestellt.

Und das muss auch so sein, denn: „Wenn wir vom Preis-Leistungs-Verhältnis eine Daseinsberechtigung am Markt haben wollen, gilt es, die Möbel möglichst schnell durchs Unternehmen zu bekommen.“ Voraussetzung dafür seien Automatisierung und Digitalisierung. Und: eine sehr gute Logistik. Diese ist so aufgebaut, dass die benötigten Waren kurz vor der Montage geliefert werden. „Damit sparen wir uns hier ein Riesen-Lager, haben stets für zwei bis drei Tage Material da und pflegen einen täglichen kontinuierlichen Materialfluss.“ So liege die Auslieferungsquote bei 99,5 Prozent. „Zufriedenstellend“, wie Fipp und Hübner finden.

Ebenfalls im Jahr 2000 wurden die Weichen für die Produktion nach Industrie 4.0-Kriterien gestellt und innerhalb von nur zehn Jahren ein eigenes Fertigungsleitsystem implementiert. Im Jahr 2008 folgten die Voll-Automatisierung der Rollcontainer-Montagelinie und im Jahr 2014 die Fertigstellung des Maschinenraums. 2018 wurde eine halbautomatische Korpus-Montagelinie aufgebaut. Die Anlieferung aller Materialien ist genau getaktet, die gesamte Vorfertigung vollautomatisch, vernetzt und durch nur wenige Mitarbeiter steuerbar. Die Kommissionierung erfolgte bis vor Kurzem durch „Pick by voice“, inzwischen auch via „Pick by light“. Der Materialfluss ist digitalisiert: Von der Bestellung über den Wareneingang bis hin zur Auslieferung beim Kunden „können wir alles lückenlos digital nachvollziehen“, erläutern die Experten. „Denn neben dem umfassenden ERP-System haben wir eine spezielle Lösung für den Produktionsbereich.“

Gerade für Großkunden, die Zentraleinkäufe tätigen, müsse man adhoc festhalten können: Was ist schon angeliefert worden? Wo befindet sich die Ware? Auch macht es das System für Führungskräfte möglich, rechtzeitig gegenzusteuern, wenn etwas aus dem Ruder läuft. „Früher, vor der Digitalisierung, musste man raus- und hinterherlaufen“, erinnert sich Andreas Fipp. Heute werde er früh von Warnsystemen darauf hingewiesen: Pass auf, hier passiert gerade etwas! Im Hinblick auf die Geschäftszahlen hat das Unternehmen seinen Umsatz 2023 erneut leicht steigern können, auf nunmehr rund 150 Millionen Euro – mit einem Exportanteil von weiterhin acht Prozent. 2022 lag der Umsatz bei 148 Millionen Euro. Angepeiltes Ziel für 2024: 155 Millionen Euro. „Ambitioniert“, räumt Guido Hübner ein.

Den vollständigen Beitrag lesen Sie in der HK 4/24

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