Visionäre Ideen aus dem Schwarzwald

Wie sieht das nachhaltige Polstermöbel der Zukunft aus? Mit dieser Frage beschäftigte sich die junge Marke „Freistil“ von Rolf Benz. Ziel war es, ein Produkt mit möglichst langem Lebenszyklus zu entwickeln, das die Kriterien der Kreislaufwirtschaft erfüllt. Das Ergebnis ist „Echt“ – ein Sofa, bei dem jedes Teil repariert, nachbestellt und sortenrein getrennt werden kann. Die HK nahm das Konzept bei einem Besuch in Nagold unter die Lupe. Der Bericht darüber erscheint in der HK 5/25. Auszüge daraus können Sie hier schon online lesen.

Helge Gemsjäger (links), technischer Leiter bei Rolf Benz, und Till Wörner, Brand Manager bei Freistil, auf dem „Echt“-Sofa. Foto und Interview: Markus Schmalz

Begonnen hat alles mit dem „Green Deal“ der EU im Jahr 2019. „Wenn man sich diesen genau anschaut, dann steckt eine Vielzahl von Verordnungen und Gesetzen dahinter“, erklärt Helge Gemsjäger, technischer Leiter bei Rolf Benz, der sich bei dem schwäbischen Polstermöbelhersteller unter anderem um die Themen Nachhaltigkeit und Qualitätsmanagement kümmert. „Allein die Öko-Design-Verordnung umfasst mehrere dutzend Seiten – und das ist nur der Basis-Rechtsakt. Diesen bürokratischen Dschungel zu verstehen, zu durchleuchten und die richtigen Antworten darauf zu finden, ist für kleine und mittelständische Unternehmen eine enorme Herausforderung.“

Gemsjäger nahm die Herausforderung an und setzte sich nicht nur bei Rolf Benz, sondern auch im Verband der Deutschen Polstermöbelindustrie, wo er Vorstandsmitglied ist, damit auseinander. Aus den zahlreichen Gesprächen mit Kollegen, unter anderem zum digitalen Produktpass, entstand schließlich die Idee zu „Echt“ – einem Sofasystem mit komplett neuer Handschrift in den Bereichen Nachhaltigkeit, Konstruktion und Materialauswahl.

Rolf Benz ist bis heute die bekannteste deutsche Polstermöbelmarke und einer der letzten Hersteller, der noch komplett in Deutschland fertigt. Produziert wird in zwei Werken in Mötzingen und Pfalzgrafenweiler, in unmittelbarer Nähe zur Unternehmenszentrale in Nagold. Vom Stoff- und Lederlager über die eigene Gestellproduktion, den Zuschnitt, die Näherei und Polsterei bis zur Endkontrolle und Verpackung: Nur ganz wenige Anbieter können eine so lückenlose, vollstufige Wertschöpfung im Inland vorweisen.

Auch bei seinen Zulieferern setzt das Unternehmen auf Regionalität. „Wir pflegen eine langjährige, partnerschaftliche Beziehung zu unseren Lieferanten, die zu über 95 Prozent aus Deutschland und der EU stammen“, erklärt Helge Gemsjäger. Kurze Wege sind also garantiert, ebenso wie eine möglichst nachhaltige Produktentwicklung. Schon im Jahr 2014 wurde Rolf Benz mit dem „Blauen Engel“ ausgezeichnet. Alle Polstermöbel sind emissionsarm, die verwendeten Polster- und Bezugsmaterialien werden umweltfreundlich produziert. Entsprechend hoch war der Anspruch, nun ein Design-Sofa mit dem Ziel der Kreislauffähigkeit zu entwickeln.

Als Premium-Möbelmarke lancierte Rolf Benz bereits 2011 das junge Label Freistil. Die Tochter zeichnet sich durch ihre charakterstarken Sofas und Sessel „made im Schwarzwald“ aus. Das Design ist jung, souverän und unkonventionell – und damit perfekt geeignet für ein Projekt wie das „Echt“-Sofa. „Wir haben vor drei Jahren mit den ersten Überlegungen angefangen“, sagt Till Wörner, Brand Manager bei Freistil. „Die Idee war, ein Produkt mal aus einer anderen Perspektive der Nachhaltigkeit zu betrachten. So sollte nicht nur das Umweltbewusstsein, sondern zum Beispiel auch die Modularität eine wichtige Rolle spielen.“ Die Schlüsselbegriffe des „Echt“-Sofas heißen daher „Live“, „Repair“ und „Recycle“.

Unter dem Begriff „Live“ wird die Wandlungsfähigkeit des Sofas verstanden. So umfasst das System insgesamt zwei Sitzelemente sowie ein schmales und ein breiteres Seitenelement. Schon mit drei Sitzpolstern, zwei breiten und einer schmalen Lehne ergeben sich elf veränderbare Kombinationen. Die Elemente lassen sich mit einer eigens entworfenen Fußkonstruktion frei zusammenfügen. „So wächst das Sofa ein ganzes Leben lang mit. Auch, weil die Modularität es erlaubt, sich der jeweiligen Wohnsituation anzupassen“, erklärt Till Wörner.

„Repair“ steht für die Reinigungs- und Reparaturfähigkeit. Alle Bestandteile des „Echt“-Sofas vom Holzgestell bis zum Vorpolster werden in einem Flatpack angeliefert und entweder von den Kunden selbst oder (als Service) von den Händlern aufgebaut. Die Bezüge können abgezogen, gewaschen und nachbestellt werden. „So kann man zum Beispiel einen Sommer- und einen Winterbezug nutzen oder sich für jede Jahreszeit etwas eigenes aussuchen“, sagt Helge Gemsjäger. Neben einer Vielzahl an Farbmöglichkeiten gibt es auch die Option, zwischen recycelten und recyclingfähigen Stoffen zu wählen. „Alle Bezüge sind reine Mono-Materialien aus 100 Prozent Polyester und somit sehr einfach zu reinigen und zu pflegen“, so Till Wörner.

Der Bereich „Recycle“ ist besonders spannend. Schließlich scheiterte die Kreislauffähigkeit von Polstermöbeln bisher oft daran, dass sich manche Materialien nur sehr schwer oder gar nicht wiederverwerten lassen. Andere Sparten der Möbelindustrie haben es da einfacher, da der Werkstoffmix nicht so komplex ist. Mit dem „Echt“-Sofa gelang Freistil nun auch für das Segment der Polstermöbel ein Quantensprung. In Sachen Circular Economy setzt es neue Maßstäbe: Alle Teile können sortenrein getrennt werden, Bezüge und Vliese sind aus recyclingfähigem Material oder selbst recycelt und die Federkernabdeckung besteht zu 100 Prozent aus wiederverwertetem Polyester. Auch alle weiteren Materialien enthalten einen Recycling-Anteil, weshalb das „Echt“-Sofa schon beim Kauf ein sehr nachhaltiges Produkt ist.

Der vollständige Bericht erscheint in der HK 5/25

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