Design ist mehr als nur Fashion

Die Nachricht sorgte in der Branche für Wirbel: Dirk Eiynck wechselte Anfang Juli von Sonae Arauco zu Surteco. Für den ausgewiesenen Oberflächen-Experten war es sozusagen eine „Teil-Rückkehr“ zur alten Wirkungsstätte, da er viele Jahre lang für den Dekordrucker Süddekor gearbeitet hat, der 2013 von Surteco übernommen wurde. Im Exklusiv-Interview spricht Eiynck über seine Beweggründe und Pläne.

Dirk Eiynck wechselte Anfang Juli von Sonae Arauco zu Surteco.

Herr Eiynck, Sie sind seit Juli neuer Head of Design & Marketing für die Business Unit Surfaces bei Surteco. Wie sind Ihre ersten Eindrücke?

Durchweg positiv. Ich war überwältigt, wie herzlich mich das Surteco-Team willkommen geheißen hat und wie viele engagierte und motivierte Mitarbeiter bei dem Unternehmen arbeiten. Was mich am meisten beeindruckt hat, ist die Vielfalt der Möglichkeiten, die Surteco bietet. Von außen betrachtet, habe ich immer vor allem den Dekordruck wahrgenommen. Surteco ist aber weit mehr als das: Das Portfolio umfasst eine enorme Bandbreite an Produkten. Ich habe nach meinem Start im Juli selbst erstmal eine Weile benötigt, bis ich alles überblicken und einordnen konnte.

Hatten Sie am Anfang ein paar Déjà-vus? Schließlich haben Sie viele Jahre lang für Süddekor gearbeitet …

Als ich in Buttenwiesen zum ersten Mal das Labor und den Produktionsbereich betreten habe, rief allein der Geruch unglaublich viele positive Erinnerungen ins Gedächtnis zurück. Das hat sofort Heimatgefühle ausgelöst, da ich bei Süddekor jahrelang in der Druckerei unterwegs war. Ähnlich erging es mir bei Surteco Art, das früher Süddekor Art hieß und schon damals seinen Sitz in Willich hatte. Natürlich habe ich auch das eine oder andere bekannte Gesicht von früher wiedergesehen, was mich sehr gefreut hat.

Was hat Sie daran gereizt, aus der Holzwerkstoffindustrie zurück in die Dekorbranche zu wechseln?

Mein Ansporn ist es, nach rund acht Jahren bei Holzwerkstoffproduzenten die Erfahrungen, die ich gesammelt habe, einzubringen, um eine nachhaltige Design-Entwicklung zu etablieren. Der Blickwinkel von der Kundenseite hilft dabei. Man darf nicht vergessen: Es hat sich einiges verändert rund um die dekorative Oberfläche. Heute werden viele Dinge anders gedacht und hinterfragt.

Was meinen Sie damit?

Früher hatten Oberflächenspezialisten den alleinigen Anspruch, trendorientierte Druckstrukturen bis ins kleinste Detail zu entwickeln. Das Dekor und seine Qualität standen über allem. Heute ist die harmonische Gesamtkomposition aus „Look and Feel“ – das Druckbild, die Farbe und insbesondere die Oberflächentextur – der entscheidende Customer Value. Ich bin immer noch überzeugt davon, dass eine Dekorentwicklung ganzheitlich zielorientiert sein muss und nicht nur Fashion-Aspekte bedienen darf. Wir als Entwickler haben eine Verantwortung, Möbel zu kreieren, die Endverbrauchern sehr lange Freude bereiten. Das entspricht dem Gedanken der Nachhaltigkeit, der immer wichtiger wird.

Welche Chancen und Herausforderungen sehen Sie für Surteco in der aktuellen Marktsituation?

Surteco verfügt über ein einzigartiges Portfolio und hohes technisches Know-how. Das ist ein deutlicher Marktvorteil, gerade in der aktuellen Situation, die zwar augenblicklich noch von Konsumzurückhaltung geprägt ist, jedoch in absehbarer Zeit eine deutliche Nachfrage nach ganzheitlichen, innovativen und nachhaltigen Lösungen zeigen wird. Die gesamte Branche sollte sich mit der Frage beschäftigen, wie der Stellenwert des Einrichtens beim Endverbraucher wieder ein höheres Level erreichen kann. Die Corona-Zeit hat gute Vorarbeit geleistet und gezeigt, dass es den Menschen ein Anliegen ist, sich in den eigenen vier Wänden wohlzufühlen. Hier müssen wir anknüpfen und jetzt die nächsten Schritte gehen.

Sie hatten das breite Portfolio von Surteco angesprochen. Wie können die Kunden noch besser von den vielfältigen Kompetenzen profitieren?

Das breite Produktangebot – Dekorpapiere, Finishfolien, thermoplastische Folien, Kantenbänder und Trennpapiere, aufeinander abgestimmt in Optik und Haptik – ist ein Pfund, mit dem Surteco absolut wuchern kann. Es geht darum, die Produkte gebündelt im Markt darzustellen und in der Einzelsituation als Gesamtlösung anzubieten. Das ist sicherlich eine Herausforderung, aber ich bin überzeugt davon, dass uns das künftig noch besser gelingen wird. Eine wichtige Rolle spielt dabei die langjährige Partnerschaft mit unseren Kunden, die auf Vertrauen und gegenseitiger Wertschätzung basiert.

In den letzten Jahren konnte man beobachten, dass sich die Holzwerkstoff- und Fußbodenhersteller immer mehr Kompetenzen ins eigene Haus holen. Ein Beispiel dafür ist der Digitaldruck. Könnte das die Dekorspezialisten irgendwann überflüssig machen?

Das glaube ich nicht. Ich habe in unterschiedlichen Unternehmen gearbeitet und diesbezüglich einige Erfahrungen gesammelt. Meist ist es nicht gut, wenn man denkt, dass man selbst alles kann. Der innovative Push, die Notwendigkeit, hellwach und kreativ zu sein, ist in einem konkurrierenden Lieferanten-Umfeld intensiver als inhouse. Hier hat der alte Spruch „Schuster, bleib‘ bei deinen Leisten“ durchaus seine Berechtigung. Zumal es sich beim digitalen Dekordruck um ein sehr komplexes Thema handelt, bei dem man nicht nur einfach einen Schalter umlegt.

Sie kennen sich im Bereich Dekortrends bestens aus. Was sind im Moment die wichtigsten Entwicklungen?

Spätestens mit der Corona-Pandemie wurde klar erkennbar, dass Natürlichkeit und Geborgenheit künftig eine sehr wichtige Rolle spielen. Und das nicht nur im Zuhause, sondern auch in öffentlichen Bereichen. Wir sehen im aktuellen Interieur eine harmonische Kombination aus zurückhaltenden Unifarben und authentischer Materialität. Dazu passen naturnahe Hölzer, bei denen der Trend zu dezenten Designs ohne markante Äste oder Risse geht, wie man sie noch vor einiger Zeit bei Dekoren gesehen hat. Die schlichte, geradlinige Furnier-Eiche ist in vollen Zügen zurück. Dazu passen auch Esche, Ulme, Kastanie und Nussbaum, mit denen sich angesagte Oberflächen realisieren lassen. Bei den Stein-Dekoren geht es nicht so ruhig zu wie im Holz-Bereich: Die Arbeitsplatte beispielsweise darf durchaus Charakter haben. Abstrahierte Oberflächen-Designs zeigen hingegen eine elegante Linienführung und Geometrie.

Ein Blick nach vorn: Was steht für 2025 ganz oben auf Ihrer Agenda?

Wir haben für 2025 einige spannende Themen in der Pipeline, auf die ich aber im Moment noch nicht näher eingehen kann. Fest steht, dass Nachhaltigkeit mehr als nur ein Trend ist und wir unsere Produkte langfristig nachhaltig denken, entwickeln und vermarkten müssen. Eine der großen Aufgaben wird es darüber hinaus sein, als Unternehmen noch effizienter zu werden. Ich persönlich habe mir zum Ziel gesetzt, Impulse zu geben, um das Unternehmen Surteco voranzubringen. Dabei ist mir der Blick durch die Brille des Kunden ein ganz besonderes Anliegen.

Das Interview erscheint in der HK 5/24

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